Erbschaftssteuer

Freibeträge, Steuerklassen - Eine Übersicht

Rechtsanwalt Dr. Kristian Stange, Hamburg-Rotherbaum

Steuerklassen bei der Erbschafts- und Schenkungsteuer

Die Steuerlast hängt ab von der Größe des Nachlasses und dem Verwandtschaftsgrad der Erben, sowie von der Frage, ob es um Privat- oder Betriebsvermögen geht.

Die Erbschafts- und Schenkungsteuer wird nach drei Steuerklassen erhoben. Die jeweilige Steuerklasse ist abhängig vom Verhältnis des Erwerbers zum Erblasser bzw. zum Schenker.

Die Steuerklasse I gilt für Ehegatten, eingetragene Lebenspartner, Kinder (eheliche oder nichteheliche Kinder, Adoptivkinder, Stiefkinder), Enkel und Urenkel sowie bei einer Erbschaft für Eltern und Großeltern.

In die Steuerklasse II fallen Eltern und Großeltern (bei einer Schenkung), Geschwister, Neffen und Nichten, Stiefeltern, Schwiegereltern, Schwiegerkinder, geschiedene Ehegatten und Lebenspartner einer aufgehobenen Lebenspartnerschaft.

Die Steuerklasse III gilt für alle übrigen Erwerber.

Zur Übersicht: Freibeträge bei der Erbschaftssteuer

Wenden Sie sich bei Fragen zur Erbschaftssteuer gerne an mich, ich berate Sie hierzu umfassend.

Tabelle: Persönliche Freibeträge bei der Erbschaftssteuer

Die persönlichen Freibeträge sind die folgenden:

Ehegatten und eingetragene Lebenspartner

EUR 500.000,-

Kinder und Stiefkinder

EUR 400.000,-

Enkel

EUR 200.000,- 

Personen der Steuerklasse II

EUR 20.000,- 

Personen der Steuerklasse III

EUR 20.000,-

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Freibeträge für einen Zeitraum von 10 Jahren gelten. Steuerfrei sind Erbschaften an gemeinnützige Stiftungen und Vereine, auch Kommunen.

Das Familienheim steht unter einem besonderen Schutz. Bewohnte der Verstorbene bis zu seinem Tod das Haus, kann er es steuerfrei auf den Ehepartner übertragen. Dieser muss allerdings zumindest noch zehn Jahre dort wohnen bleiben. Gleiches gilt für die Kinder, sofern sie zügig (6 Wochen bis 3 Monate) nach dem Erbfall in die Immobilie einziehen und diese nicht mehr als 200 Quadratmeter Wohnfläche hat.

Tabelle: Steuersätze in Abhängigkeit vom Wert der Erbschaft/Schenkung

Die Steuersätze, die für die Erbschaft bzw. der Schenkung angesetzt werden, sind einerseits abhängig vom Wert der Erbschaft bzw. der Schenkung und andererseits von der jeweiligen Steuerklasse. Hier ist eine Übersicht:

Wert des Erbes bzw. der SchenkungSteuerklasse ISteuerklasse IISteuerklasse III
75.000,- €7 %15 %30 %
300.000,- €11 %20 %30 %
600.000,- €15 %25 %30 %
6.000.000,- €19 %30 %30 %
13.000.000,- €23 %35 %50 %
26.000.000,- €27 %40 %50 %
über 26.000.000,- €30 %43 %50 %

Beispiel: Aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs zur Steuerbefreiung des Familienheims

Bundesfinanzhof, Urteil vom 1. Dezember 2021 – II R 1/21, NJW 2022, 2639 f.

Steuerbefreiung des Familienheims (Selbstnutzung eines Familienheims)

Verstirbt der Ehegatte und erbt der überlebende Ehegatte (bzw. ein Kind) das Familienhaus bzw. die Familienwohnung, so fällt keine Erbschaftssteuer an, sofern der Verstorbene (i) in dem Familienheim bis zu seinem Tod gewohnt hat oder aus zwingenden Gründen daran gehindert war und (ii) der Erbe das Familienheim fortan selbst (weiter) bewohnen will, § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 1 ErbStG. Die Steuerbefreiung entfällt allerdings mit Wirkung für die Vergangenheit, sofern der Erbe (iii) das Familienheim im Anschluss nicht 10 Jahre lang bewohnt. Ausnahmsweise gilt dies nicht, wenn er zum Auszug gezwungen ist, bspw. pflegebedürftig wird und in ein Pflegeheim umziehen muss. 

Der Bundesfinanzhof hat dies mit Urteil vom 1. Dezember 2021 nunmehr dahin konkretisiert, dass eine Ausnahme immer dann gilt, wenn die weitere Selbstnutzung objektiv unmöglich – oder aber unzumutbar ist. Das kann aus gesundheitlichen Gründen der Fall sein und bedarf der ärztlichen Begutachtung. Keine Voraussetzung ist, dass dem Erben das Führen eines Haushalts schlechthin unmöglich geworden ist – sei es im Familienheim oder anderswo.

Konkreter Fall: Ehefrau verkauft ererbtes Haus nach zwei Jahren - Steuerbefreit

Der BFH hatte sich mit einem Fall zu befassen, in dem die Ehefrau das ererbte Haus nach zwei Jahren verkaufte und in eine Eigentumswohnung umzog. Sie sei an der weiteren Nutzung des Hauses zu eigenen Wohnzwecken gehindert gewesen. Sie sei depressiv, ihr Gesundheitszustand habe sich durch den überraschenden Tod des Ehemanns weiter verschlechtert. Ihr Entschluss, auszuziehen und das Haus zu veräußern, beruhe auf ärztlichem Rat. In einem ärztlichen Attest wurde ihr bescheinigt, dass die Umgebung des ehemals gemeinsam bewohnten Hauses psychische Folgeschäden erwarten lasse.

Das Finanzamt hatte die Steuerbefreiung zunächst gewährt, lehnte diese aber nachfolgend wegen Aufgabe der Selbstnutzung ab, so dass die Ehefrau die Erbschaftssteuer dann doch zu zahlen hatte. Sie klagte vor dem Finanzgericht Münster, das ihre Klage abwies. Sodann legte die Ehefrau Revision zum Bundesfinanzhof ein, die erfolgreich war und zur Zurückverweisung an das Finanzgericht Münster führte.

Der Bundesfinanzhof sah es – anders als das FG Münster – nicht als ausgeschlossen an, dass die Ehefrau „aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert“ war. 

Das FG Münster meinte, dass die Unmöglichkeit, selbständig einen Haushalt zu führen, auf das Führen eines eigenen Haushalts schlechthin – d.h. auch an einem anderen Ort als dem erworbenen Familienheim – beziehen müsse. 

Dem trat der Bundesfinanzhof entgegen. Der Wortlaut der Vorschrift gebe das nicht her, eine solche ungeschriebene Voraussetzung verfehle zudem die Zielrichtung der Vorschrift. Der Erbe müsse allerdings aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung des Familienheims zu eigenen Wohnzwecken gehindert sein. Persönliche oder wirtschaftliche Zweckmäßigkeitserwägungen reichen nicht. 

Keine Steuerbefreiung bei freiwilliger Entscheidung zum Auszug aus der Immobilie

Liegt der Auszug in der freien Entscheidung des Erben, gehört er zu seiner freien Lebensgestaltung, die Steuerbefreiung entfällt. Steuerbefreiung tritt aber dann ein, wenn dem Erben das Bewohnen des Familienheims objektiv unmöglich oder unzumutbar wird. Unzumutbarkeit besteht insbesondere im Falle seiner Pflegebedürftigkeit. Letztlich bedarf es einer Gesamtwürdigung aller Tatsachen. 

Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs kann ein zwingender Grund gerade auch dann vorliegen, wenn der Erbe – wie hier – im Fall der weiteren Selbstnutzung des Familienheims eine erhebliche Beeinträchtigung seines Gesundheitszustands zu gewärtigen hat, die ein weiteres Verbleiben dort unzumutbar macht. Ob eine Erkrankung vorliegt, die dazu führt, dass die Unzumutbarkeitsschwelle überschritten wird, kann regelmäßig alleindurch ein ärztliches Gutachten festgestellt werden. Hat der Erbe das Familienheim zunächst bewohnt, ist zusätzlich festzustellen, ob die Erkrankung erst nach gewisser Zeit aufgetreten oder ihre Schwere manifest geworden ist.

Schlussendlich führt dies dazu, dass der Verkauf im vorliegenden Fall womöglich nicht zur Nachversteuerung führt. Allerdings wird das FG Münster nun noch einmal prüfen müssen, ob die behauptete Erkrankung tatsächlich bestand und so beschaffen war, dass sie der Ehefrau die Selbstnutzung des Familienheims unzumutbar machte.

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